Den heutigen Blogeintrag widme ich einer Disziplin des Westernsports, von welcher ich nie gedacht hätte diese überhaupt jemals selbst zu starten: Showmanship at Halter.
Ja genau, die Disziplin, wo Menschen meist teurere Oberteile tragen als zu einer Gala-Abendveranstaltung und wo Pferde so penibel sauber gehalten werden, dass der komplette Warm-Up-Bereich auf dem Turnier eher nach der Parfümabteilung eines Drogeriemarktes riecht, anstatt nach Pferd. Und ja, es ist auch die Sparte des Westernsports in dem NICHT geritten, sondern gelaufen wird. Laufen, das teilweise eher einem unsicheren Eiertanz ähnelt anstatt einer stilvollen Präsentation.
Aber gut lassen wir das und kommen wir nun zu einer kurzen Beschreibung dieser Disziplin. Die wortwörtliche Übersetzung von Showmanship bedeutet "Selbstdarstellung" oder auch "geschickte Zurschaustellung" und genau darum geht es auch; denn bei der Showmanship at Halter stellt der Reiter sein Pferd an der Hand und nicht unter dem Sattel vor. Der Reiter steht hier im Vordergrund der Bewertung. Die Richter bewerten wie der Vorsteller das Pferd präsentiert. Hierbei geht es um die Ausführung einer vorgegebenen Pattern (=Aufgabe) und auch das Erscheinungsbild von Pferd und Vorsteller. Das Pferd wird meist in einem Showhalfter mit Führkette vorgestellt.
In der Pattern gibt es Pflichtmanöver mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die Aufgaben scheinen nicht sehr anspruchsvoll, wer jedoch mal selbst versucht, eine dieser Aufgaben korrekt auszuführen, wird schnell merken, dass es doch nicht ganz so einfach ist sein Pferd vom Boden aus korrekt zu lenken. Der Vorsteller muss jeden Fußtritt seines Pferdes steuern können und darf das Pferd dabei nicht berühren. Nur die Einwirkung über die Führleine, die Stimme und Körpersprache ist erlaubt.
Und hier komme ich schon zu einem der Punkte, welche mich sehr beeinflussten durch das Training der Shwomanship: die eigene Körpersprache.
Als ich vor einigen Jahren das erste Mal beschloss eine Showmanship zu starten, war das Ganze eher aus einer Not heraus geboren. Mein Wallach konnte aufgrund einer Rückenverletzung nicht geritten werden, aber ich wollte ihn dennoch auf einem Turnier starten und so begann ich mit dem "Training am Boden". Anfangs schien es, als wäre das die schlimmste Idee gewesen, die ich je hatte, denn unsere ersten Versuche eine Pattern ordentlich zu absolvieren - geschweige denn einzelne Teile davon, wirkten alles andere als elegant. Und ja, ich war ehrlich gesagt sehr frustriert mit unserem Ergebnis und wollte schon irgendwie alles wieder hinschmeißen, wäre da nicht dieser Kampfgeist der in meinem Hinterkopf schwirrte. Meinen Unmut diese Disziplin zu üben konnte man förmlich an der mangelnden Bereitschaft meines Pferdes zur Mitarbeit erkennen. Schnell bemerkte ich, dass mein Laufen und auch mein Auftreten sich sehr im Auftreten meines Pferdes widerspiegelten.
Also machte ich mir Gedanken über mich und meine Körpersprache: ich begann aufrechter zu gehen, zwang mich nach vorne zu schauen anstatt verlegen in den Boden zu starren, ich ließ meine Schultern nicht mehr hängen und versuchte meine Beine eingermaßen kontrolliert zu bewegen. Und siehe da, der Trainingsfortschritt ließ nicht lange auf sich warten: Durch meine veränderte Körpersprache veränderte sich auch die Ausstrahlung meines Pferdes und es begann besser auf mich und meine Kommandos zu achten. Ich bemerkte langsam wieviel Potenzial in dieser Disziplin steckt, denn ich musste nicht nur lernen mein Pferd zu verstehen, sondern auch mich selbst.
Wenn ich einen schlechten Tag hatte, ging ich viel weniger selbstbewusst und sackte förmlich in mir zusammen. Ich präsentierte weder mich noch mein Pferd und meist ging an diesen Tagen im Training alles daneben. Das Pferd wurde unaufmerksam und machte nicht mit, stand nicht geordnet im Set-Up, begann andauernd zu Gähnen und Scharren - und ich, ja ich war genervt darüber, dass ich genervt reagierte.
Also begann ich noch mehr mich selbst zu reflektieren und auch meine Nerven besser zu kontrollieren. Ich ließ mich im Training filmen und analysierte anschließend jeden einzelnen Schritt den ich gemacht hatte, um besser zu werden. Den eigenen Körper dahin zu bringen, wo man ihn gerne hätte ist manchmal gar nicht so einfach.
Der jahrelang mühevoll antrainierte Gang mit "lässig hängenden Schultern" und schlürfenden Füßen musste ersetzt werden durch aufrechte Haltung und einen eleganten Gang.
Manchmal ....naja eigentlich immer zu Beginn des Trainings kommt man sich ziemlich bekloppt vor, wenn man versucht elegant durch die Halle zu joggen, mit gefühlten 5 Litern Sand in jedem Stiefel und einer nicht sehr natürlich wirkenden Armhaltung (das imaginäre Tablett darf nicht wackeln!!!). Man legt das Training dann sehr gerne auf reitfreie Zeiten in der Reithalle, um nicht zum Gespött der Stallgemeinschaft zu werden, die einem dann gerne mal von der Bande aus kluge, aber nicht sehr ernstgemeinte Tipps gibt.
Aber ich blieb dran an diesem Training und wollte einfach besser werden und nicht als fußlahmer Vorsteller auf der Show zur Lachnummer generiert werden. Mein Ehrgeiz war da und ich übte fleißig. Die Fußfolgen wurden immer sicherer, mein Pferd wurde steter in der Leistung und zeigte auf einmal echte Motivation im Training. Wir wurden mehr und mehr zu einem Team und das Ganze glich mit der Zeit eher einem Tanz- statt einem Führtraining. Jeder von uns beiden wusste auf einmal, wann das Bein des jeweils anderen an welcher Stelle war. Ganz ehrlich ich hätte NIE gedacht, dass MEIN Wallach zu so etwas fähig sei. Er entwickelte sich innerhalb des Trainings immer besser und seine Manieren im Umgang sowie beim Reiten veränderten sich nur ins Positive. Er reagiert seitdem viel feiner und ist gelassener unter dem Sattel: Aus dem einst sehr unsicheren Pferd an der Hand wurde ein in sich ruhender und nervenstärkerer Partner.
Ebenso ich veränderte mich ins Positive: ich lernte selbstbewusster aufzutreten und konnte meine Schüchternheit besiegen. Denn kein Vorsteller kann glaubwürdig sein Pferd präsentieren, wenn er am liebsten vor Scham im Boden versinken würde. Ich bekam mit der Zeit wirklich Freude daran, mich und mein Pferd für die Show herzurichten und auch mal ein etwas mehr funkelndes Oberteil in der Showarena zu tragen.
Und genau darum geht es auch beim Showmanship at Halter: der Richter soll sehen, dass man sein Pferd stolz und auch voll Freude präsentiert. Gelingt einem dies, steht dem Weg zum Siegertreppchen nichts mehr entgegen.
Das Training vom Boden aus gehört inzwischen bei meinen Pferden zur Routine und ich empfehle jedem "Reiter" auch wenn es anfangs (gefühlt) doof aussieht, ein bisschen was vom Showmanship-Training abschauen zu können und sei es nur das geschlossene Hinstellen des Pferdes oder das kontrollierte Traben an der Hand. Jeder Osteopath, Tierarzt und Hufschmied wird Euch dafür danken ;-)
Und hier wären wir wieder bei der Sache mit "über den Tellerrand schauen" und offen sein für Neues/Anderes - nicht jeder muss jede Disziplin mögen, aber irgendetwas Positives kann man überall herausziehen. Vielen Dank für´s Lesen!
Auf den Bildern sieht man die Verwandlung von King und mir innerhalb von 6 Jahren. Showmanship at Halter hat uns dabei geholfen ein besseres Team zu werden. (Foto li: privat / re: Figure8)
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