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"Die Entdeckung der Langsamkeit" oder warum es keinen Sinn macht das Training in ein vorgegebenes Zeitfenster zu zwängen

Pferde lernen immer, das steht fest. Egal ob sie eine positive oder negative Erfahrung machen - sie lernen jeden Tag dazu. Pferde sind zwar domestizierte Haustiere, jedoch haben auch sie Instinkte und folgen diesen mal mehr und mal weniger. Je nach Situation passen Pferde ihr für sie natürliches Verhalten an die aktuellen Gegebenheiten an und orientieren sich an ihren Sozialpartnern. Die Herde gibt den Pferden ein Sicherheitsgefühl und ist überlebenswichtig in der freien Natur. Pferde brauchen deshalb eine Rangordnung, denn nur wenn diese geregelt ist und jedes Pferd seinen Platz in dieser akzeptiert, fühlt es sich sicher. Auch in der Beziehung zum Mensch muss das Pferd demnach seinen Platz einnehmen - natürlich nicht ranghöher als der Mensch. Das Alpha-Tier muss in diesem Fall immer der Mensch sein, der dem Pferd durch klare Signale vermittelt "Ich gebe den Weg vor, Du bist sicher bei mir und hast Dich allein auf mich zu konzentrieren". Um diese Alpha-Position zu erreichen muss ich als Mensch lernen wie ein Pferd zu denken. Es ist vollkommen falsch zu meinen, ein Pferd müsse alles sofort kapieren und dann perfekt ausführen. Pferde denken nicht in den Einheiten "richtig" oder "falsch", sie handeln instinktiv. Und Pferde sind genau wie Menschen Individuen, die unterschiedlich schnell lernen. Deshalb gibt es nicht "das EINE Trainingsprogramm" das in maximal 3 Monaten funktioniert. Jedes Pferd reagiert anders auf unterschiedliche Umwelteinflüsse und ist keinesfalls mechanisch programmiert. Es kann gut sein, dass durch Druck, Zwang und Gewalt in kurzer Zeit vermeintliche "Erfolge" zu sehen sind - diese sind jedoch nicht motivationsbedingt und werden mit nachlassendem Druck wieder verschwinden.

Gutes Pferdetraining basiert auf Respekt, Vertrauen und dem reiterlichen Verantwortungsbewusstsein, was letztendlich zur Harmonie zwischen Pferd und Reiter führen soll. Der Reiter übernimmt die Verantwortung für ein Lebewesen mit seiner individuellen Persönlichkeit. Meine Pferde sind alle verschieden, das eine braucht länger, um Dinge zu verstehen, das andere hat eine schnellere Auffassungsgabe und genau dadurch habe ich gelernt, dass nichts zeitlich planbar ist, was das Training eines Pferdes angeht. Denn wie hat schon Ray Hunt betont:

Es dauert solange wie es dauert!

Um Erfolge mit meinem Pferd zu erzielen, muss ich deshalb mein Trainings-Tempo an das des Pferdes angleichen. Das Pferd gibt die Geschwindigkeit vor und ich stimme das Training darauf ab. Verlange ich zu viel in zu kurzer Zeit, kann ich mein Pferd schnell überfordern oder auch abstumpfen. Je nach Pferd habe ich dann ein hibbeliges, nervöses Pferd erschaffen, dass möglichst schnell mit dem Training durch sein möchte. Oder ich erschaffe mir ein apathisches und auch lethargisches Pferd, dass keinerlei Antrieb mehr zeigt und bei dem die Motivation, der Motor des eigenständigen Lernens, verloren gegangen ist.

Deshalb ist der wichtigste Grundgedanke beim Pferdetraining die Zeit. Denn die Zeit, die ich in eine gute "Basis" investiere, die kann mir und meinem Pferd keiner mehr nehmen und ist der Grundstein für ein zukünftig harmonisches Miteinander.

 

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