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„In aller Ruhe“ - Schlafverhalten

"In aller Ruhe" - So lautete wohl das Motto der Pferde als ich heute Morgen bei strahlendem Sonnenschein in den Reitstall kam. Ich war gerade auf dem Weg zu meinem Pferd im Offenstall mit angrenzender Koppel, als ich es der Ferne direkt neben einem Schimmel liegen sah. Um die zwei lagen noch diverse andere Pferde mitten auf der Koppel. Manche ganz flach am Boden, sie „schnarchten“ teilweise ziemlich laut, andere lagen am Boden mit halboffenen Augen und dem Kopf aufgestützt am Boden und fünf der zwanzig Herdenmitglieder standen und beobachteten mich. Die Ruhe, die diese Gruppe ausstrahlte, war enorm. Nicht einmal meine Anwesenheit störte sie und sie genossen entspannt die warme Morgensonne.

Die Pferde, die ganz flach am Boden lagen waren wohl mitten in ihrer REM-Schlafphase. In dieser Ruhephase, welche 15 bis 30 Minuten dauert, verarbeiten Pferde die Eindrücke, die sie tagsüber sammeln. Hier festigt sich beispielsweise das Training des Vortages. Deshalb macht es bei Jungpferden Sinn, diese nicht täglich zu arbeiten. Ein Tag Pause kann oftmals Wunder bewirken und was am Tag des Trainings noch manchen Reiter verzweifeln lässt, ist zwei Tage später vielleicht schon gar nicht mehr relevant. Diese Verarbeitungszeit ist somit sinnvoll und notwendig bei neuen Lektionen. Der  REM-Tiefschlaf findet meist von Mitternacht bis zum Sonnenaufgang statt und ist zu dem von hoher Bedeutung für den Gesundheitszustand des Pferdes. Denn Untersuchungen zeigten, dass Pferde ohne REM-Schlafphasen eine Lebenserwartung von nur etwa 7 Jahren aufweisen können. Wie der Mensch, brauchen somit auch unsere geliebten Vierbeiner ihren Schlaf, um lange gesund und leistungsfähig zu bleiben.

Die schlafenden Pferde, lagen in Bauchlage auf der Koppel – hier spricht man vom NON-REM-Schlaf. Diese Schlafdauer inklusive dem REM-Schlaf dauert im Durchschnitt 23 Minuten. Hier sind die Augen zwar geschlossen, jedoch kann man diese Phase eher als „leichten“ Schlaf bezeichnen.

Von den fünf im Stehen ruhenden Pferden hatten zwei ein Dösgesicht. Hierbei sind die Augen halbgeschlossen, die Unterlippe hängt, die Ohren sind leicht zu Seite gestellt und teilweise kann ein kurzes Haut- beziehungsweise Muskelzucken beobachtet werden. Die Phase des Dösens tritt mehrmals am Tag ein und ein schnelles Erwachen ist möglich. Dösen oder auch „Schildern“ muss im Fohlenalter erlernt werden, Fohlen dösen meist im Liegen auf dem Bauch und bis zum dritten Lebensjahr dauert die Ruhezeit länger. Pferde sind somit Kurz- und Mehrmals-Schläfer, die gesamte tägliche Ruhezeit liegt bei ausgewachsenen Pferden bei 6-9 Stunden.

An diesem Morgen waren die restlichen Pferde wach, beobachteten die Umgebung und knabberten teilweise am Gras. Sie hielten „Wache“, um bei nahender Gefahr ein Fluchtsignal geben zu können.

Es war sehr schön zu beobachten, dass Pferde – anders wie wir Menschen – keine engen Unterstände mit Sichtblenden zum Schlafen benötigen. Für ihr Sicherheitsbedürfnis brauchen sie einen freien Blick und somit eine einfache Fluchtmöglichkeit. Manche Pferde lagen auch heute ziemlich nahe beieinander, hier zeigte sich, dass die Individualdistanz sich in den Ruheperioden verringert und sich dazu nach den Rangverhältnissen innerhalb der Gruppe richtet. Bei überdachten Liegemöglichkeiten sollten deshalb mindestens zwei Ausgänge vorhanden sein, um den Ruhebereich nicht zur Sackgasse zu machen. Die Größe der Gruppe sollte außerdem die Anzahl von zwanzig Mitgliedern nicht überschreiten und das Haltungssystem darf keine zu engen Abmessungen haben. Das Platzangebot mit genügend trockenen Liegeplatzmöglichkeiten wirkt sich auf die Gesamtliegezeit der Pferde aus. Denn sonst kann es sein, dass rangniedrige Tiere keine Möglichkeit bekommen zu Ruhen, was sich wiederum auf deren Gesundheitszustand negativ auswirken kann.

Ein „Nicht-Abliegen“ kann sehr wohl ein Zeichen für Unwohlsein oder Krankheiten sein. Pferdebesitzer sollten sich deshalb, vor allem bei einer Neueingliederung die Zeit nehmen und beobachten, ob ihr Pferd zum Ruhen kommt in der Gruppe.

Ich kann mir nun sicher sein, dass mein Pferd zum Ruhen kommt in seiner Herde. Er hat sich innerhalb der letzten acht Wochen super integriert in die Gruppe und ich bin froh meinem Pferd die Möglichkeit bieten zu können, dass er in einem gut durchdachten Offenstallkonzept leben kann.

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